Die Weiße Rose
Die Weiße Rose (historischer Hintergrund)
Die deutsche Widerstandsgruppe um Hans und Sophie Scholl (1942/43)
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„Die Weiße Rose ist heute wohl die bekannteste deutsche Widerstandsgruppe des Dritten Reiches. Kern der Gruppe waren die Geschwister Sophie und Hans Scholl, Christoph Probst, Willi Graf, Alexander Schmorell und Professor Kurt Huber. Zwischen 1942 und 1943 verbreitete die Gruppe sechs Flugblätter, in denen sie zum Widerstand gegen das NS-Regime aufrief. Ihren Mut und ihre Entschlossenheit, sich gegen die Nazi-Diktatur zur Wehr zu setzen, bezahlten die sechs mit dem Leben.
Die Entstehung der Weißen Rose
Die Weiße Rose war eher ein Freundeskreis als eine Organisation. Christoph Probst und Alexander Schmorell waren seit ihrer Schulzeit befreundet. Sie lernten Willi Graf und Hans Scholl während ihres Medizinstudiums 1941/42 an der Münchner Universität kennen. 1942 begann auch Sophie Scholl ihr Philosophie- und Biologiestudium und kam mit den Freunden ihres Bruders in Kontakt. Sie trafen sich zu Lese- und Diskussionsabenden. Gemeinsam besuchten sie auch die Vorlesungen des Philosophie-Professors Kurt Huber, der schon mit den Nazis in Konflikt geraten war und der später ebenfalls ein aktives Mitglied der Gruppe werden sollte.
Anfänglich waren zumindest die Geschwister Scholl vom Nationalsozialismus durchaus noch angetan gewesen. Es waren die gemeinsamen Fahrten der Hitlerjugend und dem Bund Deutscher Mädels, das Gemeinschaftserlebnis und die Vorstellungen von Vaterland, die die jungen Leute ansprachen. Doch ihre frühe Begeisterung wich schnell grundsätzlicher Kritik. Grundlage ihrer Aktionen waren christliche und humanistische Wertvorstellungen. Sie beschäftigten sich mit den Kirchenlehrern Augustinus und Thomas von Aquin sowie der Existenzphilosophie des dänischen Denkers Kierkegaard. Hans Scholl ging es darum, ein “sichtbares Zeichen des Widerstandes von Christen zu setzen”. Er wollte am Ende des Krieges nicht “mit leeren Händen vor der Frage stehen, was habt ihr getan”.
Beginn des Widerstands
Im Juni 1942 nach dem großen Luftangriff auf Köln schreiben und verteilen Hans Scholl und Alexander Schmorell die ersten Flugblätter. In schöngeistiger, literarischer Sprache rufen sie darin zu passivem Widerstand gegen die nationalsozialistische Herrschaft auf und beklagen die Mitschuld der Deutschen an den Verbrechen der Nazis. Die Mitglieder der Weißen Rose wollen ihre Landsleute über den wahren Charakter des Regimes aufklären. Abgesehen von den geistigen Werten sind es die zunehmende Radikalisierung des Hitler-Regimes und die Brutalität des Krieges, die ihre Ablehnung des braunen Terrorregimes begründen.
An der Ostfront beobachten die jungen Männer der Weißen Rose im Sommer 1942, wie ausgezehrte jüdische Frauen zur Zwangsarbeit getrieben werden. Oder sie hören von Massenhinrichtungen vieler unschuldiger Menschen. Das bestärkt sie darin, nach ihrer Rückkehr im November weiter Widerstand zu leisten, indem sie die Bevölkerung, vor allem andere Jugendliche, aufklären. Zu Hause in München erfährt Sophie Scholl von einer Freundin, dass geistig behinderte Kinder einer Heilanstalt von SS-Männern abgeholt wurden und auf immer verschwunden seien.
In den weiteren Flugblättern der Weißen Rose werden die scheußlichen und menschenunwürdigen Verbrechen des Regimes angeprangert, so die Ermordung von 300.000 polnischen Juden. Die Weiße Rose knüpft Kontakte zu anderen Widerstandsgruppen. Ihr fünftes Flugblatt erscheint in einer Auflage von 6000 bis 9000 Exemplaren und wird in mehreren süddeutschen und österreichischen Städten verteilt. “Mit mathematischer Sicherheit führt Hitler das deutsche Volk in den Abgrund”, schreiben Hans Scholl und Alexander Schmorell mit Blick auf die Kriegslage im Januar 1943. Erstmals rufen sie ihre Landsleute dazu auf, den NS-Staat aktiv zu bekämpfen und fragen sie: “Deutsche! Wollt Ihr und Eure Kinder dasselbe Schicksal erleiden, das den Juden widerfahren ist? (…) Sollen wir auf ewig das von aller Welt gehaßte und ausgestoßene Volk sein?”
“Es wird Zeit, dass jemand dagegen fällt”
Ab Februar 1943 tritt die Gruppe auch durch nächtliche Aktionen an die Öffentlichkeit. Sie malen auf Münchner Hausfassaden Anti-Nazi-Parolen wie “Nieder mit Hitler”, “Hitler Massenmörder” oder “Freiheit”. Das sechste Flugblatt wird der Gruppe zum Verhängnis. Geschrieben von ihrem Mentor Kurt Huber, einem Professor für Philosophie und Musikwissenschaften, geißelt es die Kriegspolitik Hitlers, welcher in Stalingrad allein auf deutscher Seite 300.000 Soldaten zum Opfer gefallen sind. Ein Hausmeister erwischt die Geschwister Scholl, als sie die Flugblätter im Lichthof der Universität verteilen, hält sie fest und übergibt sie der Gestapo. Vier Tage später, am 22. Februar, werden sie vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und noch am selben Tag mit dem Fallbeil hingerichtet. Mit ihnen stirbt Christoph Probst. Um den jungen Familienvater zu schützen, hat die Gruppe ihn zuletzt weitgehend aus ihren Aktivitäten herausgehalten. Das einzige Beweismittel gegen ihn ist ein handschriftlicher Entwurf zu einem Flugblatt, den Hans Scholl bei sich trug, als er verhaftet wurde.
Im April wird 14 weiteren Mitgliedern der Weißen Rose der Prozess gemacht. Alexander Schmorell, Professor Kurt Huber und Willi Graf werden ebenfalls zum Tode verurteilt, die anderen zu Haftstrafen. In den folgenden Monaten verhaftet die Gestapo weiterhin Freunde und Unterstützer der Weißen Rose, und der Volksgerichtshof verhängt Todes- und hohe Freiheitsstrafen.
Noch zwei Tage vor ihrer Verhaftung sagte Sophie Scholl: “Es fallen so viele Menschen für dieses Regime. Es wird Zeit, dass jemand dagegen fällt”. Während ihres Verhörs wollte der Gestapobeamte ihr eine Möglichkeit geben, die Todesstrafe zu umgehen: Sie sollte sich von ihrem Bruder distanzieren und erklären, dass seine und ihre Handlungen und Überzeugungen verurteilenswert seien. Darauf antwortete Sophie Scholl laut Vernehmungsprotokoll: “Ich bin nach wie vor der Meinung, das Beste getan zu haben, was ich gerade jetzt für mein Volk tun konnte. Ich bereue deshalb meine Handlungsweise nicht und will die Folgen, die mir aus meiner Handlungsweise erwachsen, auf mich nehmen.”
Das Erbe der Weißen Rose
Nachdem der innerste Kreis der Weißen Rose ermordet worden war, wurde ihre Arbeit zunächst noch fortgeführt und ihr Gedankengut weitergetragen. So vervielfältigte der Münchner Chemiestudent Hans Leipelt gemeinsam mit gleichgesinnten Freunden das letzte Flugblatt und verteilte es, versehen mit dem Zusatz “Und ihr Geist lebt trotzdem weiter”, in Hamburg. Außerdem organisierte er eine Spendensammlung für die Witwe Kurt Hubers. Diese Aktivitäten wurden verraten, Hans Leipelt, seine Freundin Marie-Luise Jahn und andere Unterstützer im Herbst 1943 verhaftet. Leipelt wurde am 29. Januar 1945 hingerichtet, Marie-Luise Jahn wurde zu zwölf Jahren Haft verurteilt.
Die Medizinstudentin Traute Laufrenz hatte bereits im November 1942 Flugblätter von München nach Hamburg mitgebracht. Ihr Freund Heinz Kucharski, ein Student der Philosophie und Orientalistik, verteilte sie dort mit Hilfe anderer oppositioneller Studenten. Ende 1944 kam die Gestapo auch Mitgliedern der Hamburger Gruppe auf die Spur. Am 17. April 1945, kurz vor Kriegsende, wurden auch sie vom Volksgerichtshof verurteilt. Heinz Kucharski konnte auf dem Weg zur Hinrichtung fliehen. Die anderen starben während der Haft.
Über den Hamburger Zweig war das letzte Flugblatt der Weißen Rose ins Ausland gelangt und im Dezember 1943 von britischen Bombern über Deutschland abgeworfen worden. Thomas Mann sprach in einer nach Deutschland ausgestrahlten Rede in der BBC über die Mitglieder der Weißen Rose als Vertreter eines besseren, anderen Deutschlands, so klein ihre Zahl auch gewesen sei, und versicherte: “Ihr sollt nicht umsonst gestorben sein, sollt nicht vergessen sein.”
(Quelle: Sabine Kaufmann und Meike Meyer in: Planet Wissen/WDR: www.planet-wissen.de/politik_geschichte/drittes_reich/weisse_rose/)
Vertiefende Information:
Websites:
http://www.weisse-rose-stiftung.de/
http://www.bpb.de/geschichte/nationalsozialismus/weisse-rose/
http://www.fold3.com/page/286021961_resistance_freedom_fightersworld_war/
Unsere Idee (2011)
Illustrationen von Roman KROKE
2011 fertigte Roman Kroke die Illustrations-Serie Unsere Idee zur deutschen Widerstandsbewegung „Die Weiße Rose“ um Hans und Sophie Scholl an. Es handelte sich um eine Auftragsarbeit für den Dokumentarfilm Ich bin (2011) von André Bossuroy, gefördert durch die Europäische Kommission (-> Dokumentarfilm). Die Serie umfasst vier Illustrationen und interpretiert Sophie Scholls Traum in der Nacht vor ihrer Exekution, überliefert von ihrer Zellengenossin Else Gebel:
„Ich trug an einem sonnigen Tag ein Kind
in einem langen weißen Kleid zur Taufe.
Der Weg zur Kirche führte einen steilen Berg hinauf.
Aber fest und sicher trug ich das Kind in meinen Armen.
Da plötzlich war vor mir eine Gletscherspalte.
Ich hatte gerade noch so viel Zeit,
das Kind sicher auf der anderen Seite niederzulegen,
dann stürzte ich in die Tiefe.
Das Kind ist unsere Idee,
sie wird sich trotz aller Hindernisse durchsetzen.
Wir durften Wegbereiter sein, müssen aber zuvor für sie sterben.“
Auf Grundlage seiner Illustrations-Serie zur Weißen Rose realisiert Kroke in Kooperation mit Schulen, Universitäten, Museen und Stiftungen
Ich bin (2011)
Dokumentarfilm von André BOSSUROY
Roman Krokes Illustrations-Serie Unsere Idee zu Sophie Scholls Traum war eine Auftragsarbeit für den Dokumentarfilm Ich bin von André Bossuroy (2011), gefördert durch die Europäische Kommission.
Ich bin ist ein Dokumentarfilm, der sich mit dem Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus und Stalinismus auseinandersetzt. Vier junge Europäer begegnen auf ihrer Rundreise durch Europa Zeugen der Vergangenheit … Sie wandeln auf den Spuren von Ereignissen des Zweiten Weltkrieges – in Deutschland (die Widerstandsbewegung der Weißen Rose in München), Frankreich (die Massenrazzia „La Rafle du Vél’ d’Hiv’“ in Paris, die Widerstandsbewegung im Vercors) und Russland (das Massaker von Katyn). Dabei erforschen sie, welchen Einfluss diese Ereignisse auf die Identitätsbildung der jeweiligen europäischen Völker gehabt haben und immer noch haben.
Film ONLINE
(dritter Film von oben):
Originalversion: Französisch
Verfügbare Untertitel: de, engl., pol., russ., niederl.