Das denkende Herz

denkende Herz
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Fine-Art „Giclée“-Druck auf Leinen – gespannt auf 2 cm Holzkeilrahmen

Illustration von Roman Kroke (2009)

Maße: 40 cm x 30 cm

Titel: Sprache frei wählbar  – bei Ihrer Bestellung bitte angeben (Vorschau: Französisch)

Erläuterungen des Künstlers zur Illustration:

Die Illustration entstand auf Grundlage folgender Zitate aus Etty Hillesums Tagebuch:

„Natürlich, es ist die vollständige Vernichtung! Aber lasst sie uns doch mit Würde ertragen. (…) In solch einem Lager sollte es einen Dichter geben, der das Leben dort, auch dort, als Dichter erlebt und davon singen kann. Wenn ich nachts auf meiner Pritsche lag, mitten zwischen leise schnarchenden, laut träumenden, still vor sich hin weinenden und sich wälzenden Frauen und Mädchen, die tagsüber so oft sagten: «Wir wollen nicht denken», «wir wollen nichts fühlen, sonst werden wir verrückt», dann war ich oft unendlich bewegt (…).

Ich möchte das denkende Herz eines ganzen Konzentrationslagers sein.“

3. Oktober 1942

Um sich selbst und ihre Rolle im Lager zu beschreiben, benutzt Etty den Begriff denkendes Herz. Dieses Wortpaar illustriert für mich sehr anschaulich, wie sie versucht, den anderen Lagerinsassen zu helfen: sowohl auf einer intellektuellen (= denkendes) als auch auf einer emotionalen Ebene (= Herz). Das Zitat unterstreicht ihr ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein. Wiederholt schlug Etty Angebote aus unterzutauchen, wodurch sie ihr eigenes Leben wohlmöglich hätte retten können. Auch kündigte sie nach nur zwei Wochen ihre Anstellung als Schreibkraft im Amsterdamer Judenrat. Sie bezeichnete diesen Ort als „Hölle“: „Es ist wohl nie wiedergutzumachen, dass ein kleiner Teil der Juden mithilft, die überwiegende Mehrheit abzutransportieren. Die Geschichte wird später ihr Urteil darüber fällen“ (Das denkende Herz – Die Tagebücher Etty Hillesums 1941-1943, 20. Aufl., Rowohlt Taschenbuch Verlag, Okt. 2007, S. 167).  Auf ihr eigenes Verlangen wird sie vom Judenrat daraufhin als Sozialarbeiterin im Zwischenlager Westerbork eingesetzt. Juden, die mit Etty zusammen in Westerbork interniert waren und überlebten, berichten, dass sie für viele ein Lichtblick und Hoffnungsstrahl gewesen sei.

Die Worte „Ich möchte das denkende Herz eines ganzen Konzentrationslagers sein“ schreibt Etty während der Zeit im Zwischenlager Westerbork, also vor ihrer Deportation am 7. September 1943. Auf der Illustration habe ich diesen Wunsch in ihre (damalige) Zukunft projiziert: Die Illustration zeigt Etty zusammen mit anderen Frauen im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Mit ihrem Finger, der auch den Stift beim Tagebuchsschreiben führte, zieht Etty einen Spinnenfaden – eine erneute Verwendung der zentralen Spinnen-Metapher (vgl. dazu die Ausführungen zur Illustration „Die Spinne und ihr Netz“).

Bei der Foto-Recherche fiel mir auf, wie willkürlich die Köpfe der internierten Frauen rasiert waren. Auf den zum Teil kahl geschorenen Schädeln waren hier und da Haarbüschel stehengeblieben. Für mich ein Detail, das die mit diesem Akt der Massenabfertigung verbundene Respektlosigkeit und Demütigung besonders deutlich herausstellte.

Etty vergleicht die Lebensumstände der Juden wiederholt mit denen von Ratten. Das Symbol der Ratte greife ich auch in den Illustrationen „Richtung Osten“ und „Freiheit“ auf.