Richtung Osten

Richtung osten
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Fine-Art „Giclée“-Druck auf Leinen – gespannt auf 2 cm Holzkeilrahmen

Illustration von Roman Kroke (2009)

Maße: 40 cm x 30 cm

Titel: Sprache frei wählbar  – bei Ihrer Bestellung bitte angeben (Vorschau: Französisch)

Erläuterungen des Künstlers zur Illustration:

Die Illustration entstand auf Grundlage folgender Zitate aus Etty Hillesums Tagebuch:

„Habe ich wirklich einen Brief geschrieben, in dem es so aussah, als ob ich keinen Mut mehr hätte? Ich kann es mir kaum vorstellen. Es gibt zwar manchmal Augenblicke, in denen man glaubt, nicht mehr weiter zu können. Aber es geht immer weiter, wie man allmählich nun schon weiß, aber die Landschaft ringsherum erscheint dann plötzlich verändert: Der Himmel hängt tief und schwarz, im Lebensgefühl finden große Verschiebungen statt, und das Herz ist ganz grau und tausend Jahre alt. Aber es ist nicht immer so. Der Mensch ist etwas Seltsames. Das Elend, das hier herrscht, ist wirklich unbeschreiblich. Wir hausen in den großen Baracken wie Ratten in einem Abwasserkanal. (…) Und dann weitere drei Tage lang in Richtung Osten. Papiermatratzen auf dem Boden für die Kranken. Im Übrigen kahle Waggons mit einer Tonne in der Mitte. Ungefähr 70 Menschen in einem geschlossenen Waggon. Man darf nur einen Brotbeutel mitnehmen. Ich frage mich, wie viele lebend ankommen.“

3. Juli 1943

Im Deportationszug, der am 7. September 1943 mit der Familie Hillesum das Zwischenlager Westerbork Richtung Auschwitz-Birkenau verließ, befanden sich insgesamt 987 Menschen, darunter 170 Kinder. In ihrem Brief spricht Etty von „ungefähr 70 Menschen … in einem Waggon“. Zu meiner Entscheidung, auf der Illustration deutlich weniger Menschen darzustellen: Die unter den Füßen der Menschen wegbrechenden Bodenplanken sind eine Metapher für den nahenden, unentrinnbaren Tod. Die bodenlose, schwarze Welt unter den Planken steht daher für die Welt des Todes. Die beiden Männer links und rechts im Vordergrund der Illustration sind bereits auf dem Weg in diese Welt, viele andere schon vor ihnen im Schwarz verschwunden.

Beim Mann, der seinen Koffer mit beiden Händen fest umklammert, habe ich mich an dem historischen Foto eines Insassen des Zwischenlagers Westerbork orientiert. Ein Symbol für die verzweifelte Suche nach Halt – in einer Zeit, in der Orientierung, Sicherheit und bisheriges Lebensumfeld radikal wegbrechen.

Wie zur Illustration „Die Spinne und ihr Netz“ näher ausgeführt, ist der von Etty gezogene Vergleich zwischen sich selbst und einer Spinne sowie zwischen ihrem Tagebuch und einem Spinnennetz eines der zentralen Symbole der Illustrations-Serie. Dabei erfahren diese Bilder in Ettys Metaphern-Welt eine Neuinterpretation – die Spinne steht für ein schöpferisches Wesen, den Baumeister eines (Gedanken-) Werkes (vgl. dazu ausführlich die Anmerkungen zur Illustration „Die Spinne und ihr Netz“). Demgegenüber habe ich in der Illustration „Richtung Osten“ Spinne und Spinnennetz ausnahmsweise wieder in der geläufigeren Assoziation dargestellt, wonach sie eine Bedrohung, eine Falle oder die Gefahr verstrickt zu werden repräsentieren. Durch diesen Bruch soll der Betrachter noch einmal für die atypische Verwendung der Spinnen-Metapher in Ettys Sprache sensibilisiert werden.

Etty vergleicht die Lebensumstände der Juden wiederholt mit denen von Ratten. Das Symbol der Ratte greife ich auch in den Illustrationen „Freiheit“ und „Das denkende Herz“ auf.